Zweifelnde Fußballnation

Die WM in Katar ist in Deutschland von Menschenrechtsdiskussionen und Wut auf die Fifa überschattet worden.

Sportlich ist Deutschland eine Fußballnation. Der Deutsche Fußball-Bund ist der größte Verband der Welt mit mehr als 7 Millionen Mitgliedern und 2,2 Millionen organisierten Spielern in mehr als 24.000 Vereinen. Fußball ist der beliebteste Sport im Fernsehen, besonders wenn die Nationalmannschaften bei einer Weltmeisterschaft spielen. Doch dieses Mal bei der Männer-WM in Katar war es anders – zumindest bisher. Eine Umfrage unter Fans ergab, dass mehr als die Hälfte der Befragten vorhatte, „überhaupt kein Spiel“ zu sehen. Auch wenn sich solche Zahlen im Laufe des Turniers ändern können und sicherlich vom Erfolg der deutschen Mannschaft abhängen, so etwas hat Deutschland noch nie gesehen.

In einer anderen Umfrage hielten es zwei Drittel für eher oder eindeutig falsch, die WM in Katar auszutragen. Damit einher gehen die sichtbaren und lautstarken Proteste vieler Fans in deutschen Stadien bei Bundesligaspielen vor der WM.

Die Menschenrechtsdebatte überschattet den Sport

Gründe für diese Stimmung gibt es viele, am meisten diskutiert wird aber sicherlich die Menschenrechtssituation, insbesondere die Unterdrückung der LGBTQI+ Community und das gesetzliche Verbot von Homosexualität in Katar. Hinzu kommen die seit vielen Jahren gefährlichen Lebensbedingungen der Arbeiter auf den WM-Baustellen, die sich laut International Labour Organization (ILO) zuletzt auch auf internationalen Druck deutlich verbessert haben . Aber auch das ungewöhnliche Timing im deutschen Winter, der die beliebten Sommer-Fanfeste und Public-Viewing-Events ausschließt, die Müdigkeit mit dem skandalgeschüttelten Weltfußballverband Fifa, die unsichere Weltlage, die Energiekrise und die Inflation tragen zur Zurückhaltung bei das WC.

Außenministerin Annalena Baerbock bringt das zum Ausdruck, was wohl die meisten Menschen in Deutschland denken, wenn sie einerseits die überragende Bedeutung der Menschenrechte unterstreicht und andererseits Verständnis für die Situation der Sportler ausdrückt. „Unsere Welt basiert auf Menschenrechten und deshalb sind Menschenrechte unteilbar. Das gilt für Klimakonferenzen genauso wie für große Sportveranstaltungen“, sagte der ehemalige Leistungssportler. Gleichzeitig fügte sie hinzu: „Wenn Sportler an solchen Veranstaltungen teilnehmen, dürfen sie nicht dafür bestraft werden, dass andere Dinge politisch falsch gelaufen sind. Und deshalb drücke ich natürlich nicht nur der deutschen Mannschaft die Daumen.“ , sondern für alle“, denn „ich bin ein großer Fußballfan“. Das hat sie auch mit vielen Deutschen gemein.

Unbeliebter Weltverband Fifa

Mitmachen und protestieren ist auch die Haltung des DFB. Die Maschine, mit der die Nationalmannschaft zur Vorbereitung in den benachbarten Oman flog, prangte mit der Aufschrift „Diversity Wins“. Doch der DFB und sechs weitere europäische Verbände wehrten sich nicht gegen den Widerstand der Fifa und duldeten, dass sein Mannschaftskapitän keine Armbinde mit dem Slogan „One Love“ tragen sollte. Die Fifa hatte den an sich harmlosen Slogan verboten und denen, die gegen das Verbot verstoßen, nicht nur Bußgelder, sondern laut DFB "massive" Konsequenzen angedroht. Nationalspieler Leon Goretzka sagt: „Als Mannschaft freuen wir uns über jedes Zeichen für Vielfalt und gegen Diskriminierung. Wir wollen keine Gräben, sondern Brücken bauen. Gerade Symbole wie unsere Kapitänsbinde sollen Zeichen setzen und zum Dialog beitragen.“ ." Der ohnehin schon schlechte Ruf der Fifa in Deutschland wurde durch ihre Politik komplett ruiniert. Die Süddeutsche Zeitung etwa schreibt von "Methoden wie im Gangsterfilm", und einer der größten Handelskonzerne Deutschlands stellte seine Werbung beim DFB umgehend ein. Auch bei der Vergabe der WM 2006 an Deutschland wurde Korruption vermutet, aber die Vergabe der WM 2018 an Russland und 2022 an Katar war ein noch kleinerer Meilenstein in der traurigen „Normalität“ der Fifa-Korruption.

Der DFB unterstützt Nepal

Seitdem hat der DFB einen durchaus schmerzhaften und oft chaotischen Akt der Selbstreinigung hinter sich – und steht nun entschieden für die Rechte von Minderheiten und ausgebeuteten Arbeitern. In Katar stellte DFB-Präsident Bernd Neuendorf ein Projekt vor, bei dem in den nächsten fünf Jahren jeweils 200.000 Euro aus der Stiftung der Nationalmannschaft einem SOS-Kinderdorf für Waisenkinder in Nepal zugute kommen. Viele Arbeiter kommen aus diesem Land nach Katar. Bei dem Projekt gehe es darum, die Lebensbedingungen der Menschen in Nepal zu verbessern und so eine neue Generation von Arbeitsmigranten zu verhindern, sagte Neuendorf.

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