Wieder blutige Attacke in Freiburger Flüchtlingsheim - Bürgermeister fordert Abschiebung

Der Ärger um gewalttätige Flüchtlinge in der Landeserstaufnahmestelle in Freiburg hält trotz Verlegung von 40 Bewohnern an. Wieder gab es einen Angriff, bei dem eine Person mit einem Glaskrug verletzt wurde. Indes wächst im Rathaus der Unmut über ein umstrittenes Bewährungsurteil.

Rund zwei Wochen nach den gewalttätigen Tumulten in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Freiburg im Breisgau mit fünf Polizeigroßeinsätzen in nur 15 Stunden gibt es erneut Ärger. Zwar versuchte das für die LEA zuständige Regierungspräsidium Bedenken über weitere Gewalt zu zerstreuen. So erklärte eine Sprecherin der Behörde gegenüber der „Badischen Zeitung“ am Montag, dass „generell“ auf dem Gelände inzwischen „Ruhe eingekehrt“ sei.

Doch auf Nachfrage von FOCUS online bestätigte die Sprecherin am Mittwochmorgen, dass 40 weitere Bewohner der LEA in der vergangenen Woche als „Präventivmaßnahme“ in andere Unterkünfte verlegt worden seien. Direkt nach den Tumulten waren bereits elf Unruhestifter in andere Unterkünfte gebracht worden. Die erneuten Verlegungen seien bei der Krisensitzung beschlossen worden und hätten zum Ziel gehabt, eine „ausgewogenere Zusammensetzung der Bewohnerschaft“ zu erreichen, wie es heißt.

Freiburg: In der LEA ist trotz Verlegungen keine „Ruhe“ eingekehrt

Die jüngste Aussage über die Situation in der LEA steht allerdings in krassem Widerspruch zu einem Vorfall, der sich erst am Montagnachmittag in dem Flüchtlingsheim ereignet hat. Laut Polizei kam es gegen 17.50 Uhr zu einer Schlägerei zwischen zwei algerischen Staatsangehörigen, bei der einer der beiden einen Glaskrug als Waffe benutzte und den Kontrahenten damit am Hals verletzte.

Auch der Angreifer erlitt Verletzungen, beide mussten in einem Krankenhaus behandelt werden. Wegen des jüngsten Gewaltausbruchs waren erneut mehrere Polizeistreifen in der LEA im Einsatz.

Ein Sprecher der Freiburger Polizei hatte gegenüber FOCUS online nur wenige Tage nach der gemeinsamen Krisensitzung von Regierungspräsidium, Staatsanwaltschaft und Polizei ebenfalls von weiteren vereinzelten gewalttätigen Auseinandersetzungen gesprochen - und keinesfalls von „Ruhe“.

21-Jähriger Tunesier wegen mehrerer Straftatdelikte in Haft

Zudem erfuhr FOCUS online aus Polizeikreisen, dass es sich bei einem 21 Jahre alten tunesischen Staatsangehörigen, dem versuchte Vergewaltigung einer 65-jährigen Obdachlosen vorgeworfen wird, ebenfalls um einen Bewohner der LEA handeln soll. Der junge Tatverdächtige war schon am 3. Februar festgenommen worden.

Nach bisherigen Erkenntnissen soll er am 26. Januar das Opfer getreten, geschlagen und gewürgt haben. Aufgrund einer „erheblichen Gegenwehr“ habe der Angreifer schließlich von der Frau abgelassen, die bei dem brutalen Angriff „erhebliche Prellungen und Schürfwunden“ erlitten habe.

Der 21-Jährige befindet sich auf Antrag der Staatsanwaltschaft Freiburg aufgrund weiterer Delikte insbesondere im Bereich der Eigentumskriminalität sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und einer versuchten gefährlichen Körperverletzung in Untersuchungshaft.

Schnellverfahren fast wirkungslos: Nur ein Täter bislang auf Bewährung verurteilt

Als wenig wirksam haben sich unterdessen die so genannten „beschleunigten Verfahren“ gegen Krawallmacher unter den Flüchtlingen erwiesen, die angestrebt werden, wenn den Taten ein leicht zu ermittelnder Sachverhalt zugrunde liegt oder die Gefahr besteht, dass sich mutmaßliche Täter der Strafverfolgung entziehen können. Bislang habe es nur ein einziges derartiges Verfahren gegeben, teilte Lars Petersen, Richter und Sprecher am Freiburger Amtsgericht, FOCUS online Ende voriger Woche auf Anfrage mit.

Bei dem Verfahren war ein 28 Jahre alter Bewohner der LEA angeklagt, der bei dem Tumult vor zweieinhalb Wochen einen anderen Bewohner mit einer Flasche bewaffnet verletzt und dann auch noch ein Polizeiauto beschädigt hatte. Das Gericht hat inzwischen den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt - und zur Bewährung ausgesetzt, da der Angeklagte ein „Ersttäter“ sei, so die Argumentation der Richter. Die Staatsanwaltschaft hatte als Strafe neun Monate ohne Bewährung gefordert.

Sogar SPD-Bürgermeister fordert Abschiebung statt Haft

Auffallend kritisch äußerte sich zu dem Bewährungsurteil und den beiden neuen Fällen von Gewalt durch Flüchtlinge Freiburgs 1. Bürgermeister Ulrich von Kirchbach (SPD). „Es kann nicht sein, dass in Deutschland wie jüngst in Freiburg geschehen Pflegekräfte, die Wichtiges für unser Land leisten, auf unsinnige Weise wegen Formalien abgeschoben werden, nur um so die Abschiebequote zu erhöhen, während Straftäter einfach hierbleiben können“, erklärte der SPD-Politiker auf Anfrage FOCUS online.

Und weiter: „In Freiburg stützt die große Mehrheit der Bevölkerung die Aufnahme von und Hilfe für Flüchtlinge. Wir müssen aufpassen, dass wir durch zu undeutliche Grenzziehungen diese Bereitschaft nicht aufs Spiel setzen.“ 

Dass nur eine Woche nach dem Bewährungsurteil nun erneut ein Flüchtling in der LEA eine Person mit einer Glaswaffe angegriffen und eine weitere obdachlose Frau mutmaßlich vergewaltigt hat, erhöht den Druck auf das Gericht bei neuen Strafverfahren.

Freiburgs 1. Bürgermeister Kirchbach: „Die Gerichte sollten die Grenzen aus meiner Sicht sehr klar ziehen. Außerdem ist es wichtig, dass die Gerichte eine schnelle Reaktion auf die Taten folgen lassen. Ich denke, es wäre viel zielführender, Straftäter ab einer bestimmten Schwere der Verbrechen oder Wiederholungstäter gar nicht erst bei uns ins Gefängnis zu verbringen, sondern sie, soweit dies rechtlich möglich ist, schnellstmöglich in ihre Herkunftsländer abzuschieben“.

Ursachen für die Krawalle nach wie vor ungeklärt

Am vorletzten Januarwochenende hatte es mehrfach Krawalle in der Landeserstaufnahmeeinrichtung gegeben, die zur Zeit von knapp 650 Personen bewohnt wird. Dabei gingen Menschen teilweise mit Stangen, Messern und anderen Gegenständen aufeinander los. Die Bewohner der Unterkunft stammen aus rund 30 Staaten. Die Aufnahmekapazität der LEA liegt bei 1200 Personen.

Es war der erste Fall dieser Gewaltserie, der am 30. Januar vor Gericht verhandelt wurde. Die Ursachen dieser Eskalation sind nach wie vor nicht aufgeklärt. Der Angeklagte war nach den Vorfällen als einziger der Verdächtigen in Haft gekommen. Ein Haftbefehl im beschleunigten Verfahren kann nur erlassen werden, wenn die Hauptverhandlung innerhalb einer Woche nach der Festnahme zu erwarten ist.

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