„Wie eine Hinrichtung“

Andreas S. muss für den Mord an zwei Polizisten lebenslang ins Gefängnis. Der Richter findet in seiner Urteilsbegründung deutliche Worte für die Tat.

Am Ende blieb nichts mehr übrig von der Tatversion, die Andreas S. im Laufe des Prozesses immer wieder präsentiert hatte, zuletzt in seinem Schlusswort: Sein Mitangeklagter Florian V. habe die Polizistin getötet, er selbst habe in einer Art Notwehr-Situation die tödlichen Schüsse auf ihren Kollegen abgegeben, nicht wissend, dass es sich um einen Beamten handle.

Keineswegs in Notwehr gehandelt

Minutiös geschildert hatte er die angebliche Situation, die Ende Januar zum Tod der beiden jungen Polizisten im Kreis Kusel geführt hatte. Und genauso minutiös widerlegte der Vorsitzende Richter jede seiner Aus­sagen am Dienstag im Landgericht Kaiserslautern in seiner Urteilsbegründung.

So seien die Beamten Yasmin B. und Alexander K. in der Tatnacht durch ihre Dienstkleidung und Ausrüstung gut als Polizisten zu erkennen gewesen. Nur so lasse sich auch erklären, dass Andreas S. ihnen seine Papiere aushändigte.

Es sei außerdem zu bezweifeln, dass der Neununddreißigjährige, der „stets alles kon­trollieren wollte“, dem Drogenkonsumenten V. seine Schrotflinte überlassen hätte. Verschmutzungen an K.s Kleidung, Blutspuren und die Position, in der seine Dienstwaffe gefunden wurde, belegten, dass S. keineswegs in Notwehr in Richtung des polizeilichen Mündungsfeuers schoss, sondern zwei der ins­gesamt vier Schüsse erst abgab, als dieser schon verletzt im Feld zusammengesackt war, das Magazin seiner Dienstwaffe längst leer geschossen..

Der Hauptangeklagte Andreas S., rechts, neben seinem Anwalt

Der Hauptangeklagte Andreas S., rechts, neben seinem Anwalt :Bild: AFP

Mit zweieinhalb Stunden nimmt die Urteilsbegründung ungewöhnlich viel Zeit in Anspruch. Der Vorsitzende Richter ist gründlich und lässt nichts aus. Am Ende bleibt für die Nacht zum 31. Januar folgendes Tatgeschehen festzuhalten: Gemeinsam waren S. und V. aufgebrochen, um illegal zu wildern, wie sie es seit dem Herbst 2021 regelmäßig getan hatten. S. schoss dabei vom Fahrzeug aus auf das Wild, V. trug die Kadaver in den um­gebauten Kastenwagen.

Zum Ende der Jagdnacht, 22 Tiere waren bereits erlegt, entdeckten die beiden nahe der Kreisstraße 20 im Kreis Kusel ein Wildschwein. Andreas S. schoss. V. verließ demnach gerade das Fahrzeug, um es zu holen, als ein ziviles Polizeifahrzeug ­nahte und für eine Verkehrskontrolle auf Höhe des Kastenwagens anhielt. Dabei übergab S. seine Papiere und stieg aus dem Fahrzeug.

Bei der Kontrolle fiel Alexander K. das Wild im Kofferraum auf. S. hatte die Hecktür seines Wagens so modifiziert, dass sie stets einen Spalt offen stand, um die Kadaver zu kühlen. Über Funk forderte K. Verstärkung an, er sprach von „dubiosen Personen“ und äußerte auch den Verdacht auf Jagdwilderei.

Die Personalien oder das Kennzeichen nannte er aber nicht. S., der die Sätze nach Ansicht der Kammer mithörte und weder eine Jagderlaubnis noch einen Waffenschein hatte, sah darin eine Möglichkeit, noch davonzukommen: indem er die beiden Beamten tötete und unerkannt floh.

Er griff nach der Schrotflinte, die im Auto bereit lag, und schoss der Polizistin Yasmin B. „in Tötungs­absicht“ in den Kopf. Anschließend zielte er in der Absicht, K. zu verletzen und seine Bewegungsfähigkeit einzuschränken, auf ihren Kollegen. Alexander K. gelang es noch, einen Notruf abzusetzen, er schoss bei seiner Flucht auf das angrenzende Feld sein Dienstmagazin leer.

Beihilfe zu Jagdwilderei in einem besonders schweren Fall schuldig

Der Vorsitzende Richter skizzierte weiter, wie S. nun zu seinem mit illegaler Thermozielferntechnik ausgerüsteten Jagdgewehr griff und K. zunächst mit einem Schuss in den Bauch traf. Anschließend schoss er zwei weitere Male auf den bereits am Boden liegenden K., zuletzt aus nächster Nähe.

https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/polizistenmord-in-kusel-andreas-s-handelte-eiskalt-18498420.html?GEPC=s30