Was Moskau von Iran über Sanktionen lernen will

Teheran am Abend: Die Iraner leben seit vielen Jahren mit dem Druck ausländischer Sanktionen. Diese Erfahrung ist für Putin interessant.

 

Offiziell geht es beim Besuch der Präsidenten Russlands und der Türkei in Iran vor allem um Syrien – aber ihre eigentliche Tagesordnung ist eine andere.

Offiziell steht bei dem Treffen der Präsidenten Irans, Russland und der Türkei an diesem Dienstag in Teheran Syrien auf der Tagesordnung. Denn Gastgeber Ebrahim Raisi hat das Gipfeltreffen im Rahmen des sogenannten Astana-Prozesses einberufen, in dem die drei Staaten ihr Vorgehen in Syrien seit Juli 2017 miteinander abstimmen. Zwar wird der Krieg dort in den Gesprächen sicher eine Rolle spielen; alle drei Länder mischen in Syrien aktiv mit und verfolgen dort mitunter gegensätzliche Interessen. Doch das einzige Thema des Treffens in Teheran wird Syrien nicht sein – und für zwei der drei Präsidenten ist es wahrscheinlich nicht einmal das wichtigste.

 

Irans vorrangiges Interesse besteht darin, nach der Reise des amerikanischen Präsidenten Joe Biden in den Nahen Osten ein Gegengewicht gegen die neue Achse zu bilden, die zwischen Israel und den arabischen Golfstaaten Gestalt annimmt. Für den russischen Präsidenten Wladimir Putin steht die ganze Außenpolitik derzeit im Zeichen seines Kriegs gegen die Ukraine. Nur für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ist tatsächlich Syrien im Vordergrund. Er hat im Mai einen Einmarsch in den Norden Syriens angekündigt, um dort eine sogenannte Sicherheitszone von 30 Kilometern zu bilden. Ohne Zustimmung Russlands und Irans ist das freilich nicht möglich – und die werden dazu nicht ohne Gegenleistungen bereit sein.

Für die russische Führung ist Iran derzeit vor allem deshalb interessant, weil sie von den dessen Erfahrung mit dem Druck ausländischer Sanktionen lernen will. Als der russische Außenminister Sergej Lawrow Ende Juni in Teheran war, ging es ihm vor allem um die Frage, wie man seine Wirtschaft von den „Launen und Macken unserer westlichen Partner“ unabhängig macht. Entgegen der optimistisch klingenden Propaganda der kremltreuen Medien ist russischen Wirtschaftsfachleuten und auch der Regierung bewusst, dass die westlichen Sanktionen bald schwerwiegende und lang anhaltende negative Auswirkungen auf die russische Wirtschaft haben werden. Mit großem Interesse schaut man in Moskau nun darauf, wie Iran, das seit der Islamischen Revolution 1979 in unterschiedlichem Maß von Sanktionen betroffen war, damit umgeht.

Komplikationen im Verhältnis Moskaus zu Teheran

Zudem ist es aus russischer Sicht angesichts der dauerhaften Konfrontation mit dem Westen wichtiger als früher, die Verbindungen zu allen Ländern zu intensivieren, die in einem Dauerkonflikt mit den Vereinigten Staaten stehen. Doch das Verhältnis zwischen Teheran und Moskau ist kompliziert. In Syrien unterstützen zwar beide den Gewaltherrscher Baschar al Assad, aber sind sie dort auch Konkurrenten. Und zwischen den Regierungen brechen regelmäßig offene Verstimmungen auf. So warf erst am Wochenende der russische Botschafter in Teheran der Islamischen Republik öffentlich vor, mehrere Hundert Millionen Dollar Verbindlichkeiten nicht zu begleichen. Weitere teure Waffenkäufe Irans in Russland rücken damit in die Ferne.

https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/was-putin-und-erdogan-in-teheran-erreichen-wollen-18182210.html