Trans-Rechte: Buschmann macht TERFs Zugeständnisse

Ausgerechnet im Selbstbestimmungsgesetz will Justizminister Marco Buschmann (FDP) die Diskriminierung von trans Menschen erlauben, wenn die "äußere Erscheinung" nicht dem Geschlechtseintrag entspricht.


 Bundesjustizminister Marco Buschmann im Juni 2022 bei der Vorstellung des Eckpunktepapiers für das geplante Selbstbestimmungsgesetz (Bild: IMAGO / Jürgen Heinrich)

ie Liberalen mauern beim Selbstbestimmungsgesetz: In einem am 6. Januar veröffentlichten Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit" nannte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) erstmals Gründe, warum sich die Vorlage eines gemeinsamen Gesetzentwurfes von Familien- und Justizministerium bereits mehrfach verzögert hat.

"Wir haben wahrgenommen, dass es Sorgen gibt, die sich auf die Rechtsfolgen des Geschlechtswechsels beziehen", sagte Buschmann – und nannte ein Beispiel, das aus der TERF-Szene immer wieder an die Wand gemalt wurde. "Die Betreiberin einer Frauensauna soll auch künftig sagen können: Ich will hier dem Schutz der Intimsphäre meiner Kundinnen Rechnung tragen und knüpfe daher an die äußere Erscheinung eines Menschen an", so der FDP-Politiker. "Die Betreiber dürfen dann beispielsweise nicht dem Risiko einer Klage nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz ausgesetzt sein. Das müssen wir sauber regeln. Das ist technisch anspruchsvoll und muss gründlich erarbeitet sein."

Verabschiedung bis Sommer wieder fraglich

Im "Zeit"-Interview deutete der Justizminister außerdem an, dass die von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) angekündigte Verabschiedung des Selbstbestimmungsgesetzes bis zum Sommer 2023 möglicherweise nicht zu halten ist. "Meine Motivation ist, dass wir zügig vorankommen", sagte Buschmann. "Ich halte das für einen Baustein einer liberalen Gesellschaftspolitik, deshalb muss es vor allem gut gemacht sein. Wenn im Gespräch mit einem anderen Ministerium noch Fragestellungen auftauchen, kann es vielleicht etwas länger dauern, das zu lösen."

Heftige Kritik aus der Community

Aus der queeren Community gab es heftige Kritik an den Äußerungen des FDP-Politikers. "Ganz offensichtlich wird hier versucht, die Haltung von TERFs, dass trans Frauen keine Frauen seien, im Gesetzgebungsverfahren zu beachten und diese Haltung gesetzlich zu verankern", kritisierte der Vorsitzende der SPDqueer Oberfranken Sebastian Kropp. "Wenn man, wie versprochen, trans Personen die ihnen gebührende hunderprozentige Freiheit geben möchte, darf diese nicht dadurch eingeschränkt werden, transfeindlichen Personen aus welchen Gründen auch immer zu erlauben, trans Frauen auszuschließen." Hier gehe es um nichts Geringeres als um die Würde der Betroffenen, so Kropp: "Wer Transfeinden erlaubt, trans Personen auszuschließen, verbessert gar nichts."

Die Linke.queer bezeichnete Buschmanns Äußerungen am Samstag in einer Pressemitteilung als "Schlag ins Gesicht all derjenigen, die auf die Ankündigung der Bundesregierung zu einer zeitnahen Regelung des Personenstandsrechts vertraut haben". Für nicht wenige Menschen habe das Selbstbestimmungsgesetz einen entscheidenden Anteil an der Planung ihrer weiteren Lebensgestaltung, so die beiden Bundessprecher*innen Luca Renner und Frank Laubenburg.

Schlimmer noch als die zeitliche Verzögerung sei der Versuch des FDP-Politikers, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz auszuhebeln. "Dies stellt eine völlige Kehrtwende zumindest von Teilen der Bundesregierung und der sie tragenden Parteien dar", kritisierte Die Linke.queer. "Der Schutz vor Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität gehört ins Grundgesetz. Er muss ausnahmslos gelten", forderten Renner und Laubenburg. "Im Rahmen des Selbstbestimmungsgesetzes darf es von daher keine Regelungen geben, die Diskriminierung von trans Personen schützt oder sogar explizit erlaubt." Entsprechende Überlegungen aus der Bundesregierung seien "vollkommen absurd" und ignorierten die gesellschaftliche Realität.

Auch Sven Lehmann, der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, zeigte sich über das Buschmann-Interview nicht erfreut. "Die Bundesregierung wird sich daran messen lassen müssen, dass ein #Selbstbestimmungsgesetz Diskriminierung *abbaut* und nicht neue *aufbaut*", schrieb der Grünen-Politiker am Sonntag auf Twitter. "Das ist doch wohl hoffentlich klar. Darauf werde ich als Queer-Beauftragter achten." (mize)

https://www.queer.de/detail.php?article_id=44290#kommentare