Reinhard Martinsen ist neuer Präsident von Hannovers Kleingärtnern
Der Bezirksverband der Kleingärtner hat Reinhard Martinsen zum neuen Präsidenten gewählt. Karl-Heinz Rädecker trat nicht mehr an. Die Delegierten aus den Vereinen haben außerdem einer Erhöhung der Pachtgebühren zugestimmt.
Hannover. Mehr als 40 Jahre hat Karl-Heinz Rädecker über die Geschicke der Kleingärtnerinnen und Kleingärtner in Hannover bestimmt. Die Vereine bestätigten ihn verlässlich alle vier Jahre erneut als Vorsitzenden ihres Verbands. Dass Rädecker aus gesundheitlichen Gründen jetzt nicht mehr zur Wahl antrat, ist also ein echter Einschnitt.
Der Neue vertritt bereits seit drei Jahren den erkrankten Rädecker
Oder auch nicht. Rädecker trat wegen seiner Erkrankung schon seit rund drei Jahren nicht mehr in Erscheinung. Dafür vertrat sein Stellvertreter, Reinhard Martinsen, die Interessen des Bezirksverbands der Kleingärtner in der Öffentlichkeit. „Ich will das weitermachen, weil wir bis 2025 noch etliche Posten aus dem Kleingartenkonzept umsetzen wollen“, sagt der 80-Jährige.
Auf dem Verbandstag wählten die Delegierten aus den Kleingartenvereinen Martinsen am Freitagabend zum neuen Vorsitzenden. Er gehört dem Vorstand seit zwölf Jahren an. Als Stellvertreter kandidierten Werner Kreuter (75), bisher schon Vize, und SPD-Ratsherr Andreas Pieper (33). Erklärtes Ziel der drei: Sie wollen in den nächsten vier Jahren den Wechsel zu einem insgesamt verjüngten Vorstand vorbereiten.
Kleingärtner erfreut: „Das klingt nach Aufbruch“
Und sie haben einiges vor: mehr Fachberatung für die Vereine, Unterstützung beim Abriss alter übergroßer Lauben. „Das klingt nach Aufbruch“, murmelt eine Kleingärtnerin anerkennend.
Selbstverständlich gab es sehr warme Worte für die Leistungen Karl-Heinz Rädeckers, der schwer erkrankt inzwischen im Eilenriedestift lebt und nicht kommen konnte. Geehrt wurde auch Sabine Tegtmeyer-Dette. Die frühere Wirtschafts- und Umweltdezernentin von den Grünen hatte mit dem Verband das Kleingartenkonzept ausgehandelt. „Es sichert Bestand und Weiterentwicklung der Kleingärten einschließlich einer Finanzplanung. Das ist wichtig, denn unsere Mittel werden immer weniger“, sagt Martinsen.
Reinhard Martinsen wird Chef der Kleingärtner
Leiten den Bezirksverband der Kleingärtner: Präsident Reinhard Martinsen, 1. Vize Werner Kreuter und 2. Vize Andreas Pieper (von links).
© Quelle: Christian Behrens/HAZ
Im Kleingartenkonzept hatten sich Stadt Hannover und Verband 2016 darauf geeinigt, dass die Kleingärtner rund 800 Parzellen zugunsten des Wohnungsbaus aufgeben. Dafür sagte die Stadt sechs Millionen Euro zu, die sie in eine Umgestaltung der verbleibenden Kleingärten investieren will. Auf Brachen sollen neue Gärten entstehen und verwilderte Parzellen wieder hergerichtet werden. Zu den Zielen gehören eine stärkere ökologische Ausrichtung sowie eine weitere Öffnung der Kolonien für Passanten.
Gleichzeitig soll es bei der Gesamtzahl von etwa 20.000 Parzellen bleiben, indem besonders große Pachtgärten geteilt werden. Etliche Kleingärtner reagierten aber mit Protest auf die geplante Aufgabe von Gärten. Die Stadt hat deshalb zunächst Bauland an anderer Stelle gewonnen.
Abstimmungsmarathon: Die Kleingärtner entscheiden über ihren neuen Verbandsvorstand und die Pachterhöhung.
© Quelle: Christian Behrens/HAZ
Pachterhöhung trifft auf geteiltes Echo
Zur Entscheidung stand jetzt auch eine andere einschneidende Veränderung: Die Erhöhung der Pacht für die Kleingärten, die rund 25 Jahre lang unverändert geblieben ist. Die Pacht steigt von bisher 42 auf 50 Cent pro Quadratmeter und Jahr. Bei einem 400 Quadratmeter großen Garten fällt bisher 168 Euro Pacht im Jahr an. Künftig sind es 200 Euro, also 32 Euro mehr pro Jahr.
Das war bei der Verbandstagung durchaus umstritten. Einige Stimmen forderten, die Erhöhung in die Zukunft zu verschieben. „Wir sind froh, wenn junge Familien in den Verein kommen. Und jetzt wollt Ihr noch mehr Geld aus uns herausziehen“, kritisiert eine langjährige Kleingärtnerin. Ein Mann berichtet, dass in seinem Verein einige Mitglieder in der Corona-Zeit die Arbeit verloren und bereits Ratenzahlung für die Vereinsbeiträge vereinbart haben.
„Wir wissen, dass die Pachterhöhung zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt kommt, aber sie ist wichtig für unsere Arbeit“, sagt Martinsen. Der Verband könne seinen Aufgaben schon nicht mehr nachkommen. Das Budget gehe zu großen Teilen in das Gehalt der Angestellten in der Geschäftsstelle, das im Laufe der Jahre gestiegen ist.
Geheime Wahl: Über ihren neuen Präsidenten entschieden die Kleingärtner per Stimmzettel.
© Quelle: Christian Behrens/HAZ
Der Verband muss sich um den Abriss von aufgegebenen Lauben, das Anlegen von Wegen und Parkplätzen kümmern. „Das wird alles teurer. Und wir wollen die Vereine weiter modernisieren“, sagt Martinsen. Zur Modernisierung steuert die Stadt Geld bei, wie im Kleingartenkonzept vereinbart. Die Aufgaben des Verbands übernimmt sie nicht.
Laubenpiper wollen mehr für Artenschutz und Ökologie tun
„Zig Probleme liegen auf Halde, die Wegesanierung und die Beschaffung von Split, den die Stadt nicht mehr bereitstellt“, sagt Andreas Hildebrand, Anwalt des Bezirksverbands. In den Vereinen gebe es viele Wünsche, dass der Verband Projekte für Artenschutz und Ökologie unterstützt, berichtet Martinsen.
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Es geht oft um grundlegende Dinge. Mindestens 20 Vereine hätten in den vergangenen Jahren finanzielle Unterstützung beim Verband beantragt, weil sie ihrer Verkehrssicherungspflicht für große alte Bäume nicht nachkommen konnten. „In den kommenden Jahren mit dem Klimawandel wird das lebensgefährlich“, sagt Hildebrand.
Stadtverwaltung sichert Pflege großer Bäume in den Kolonien zu
Schließlich stimmte eine große Mehrheit der Erhöhung zu. Die Stadt hat im Gegenzug für die Pachterhöhung zugesagt, sich um die Pflege der großen Bäume auf den Vereinsgeländen zu kümmern. Bisher bekommt die Stadt 36 Cent Pacht pro Quadratmeter im Jahr, künftig 39 Cent. Der Bezirksverband erhält bisher einen Anteil von sechs und künftig elf Cent.
Zum Bezirksverband gehören rund 17.000 Kleingärten Hannovers auf städtischem Grund, der Verband führt die Pacht der Hobbygärtner an die Stadt ab.