Polizei ermittelt nach Palästinenser-Demo wegen Verdachts der Volksverhetzung
Mehrere Hundert Menschen sind am Ostersamstag bei einer Palästinenser-Demo durch Kreuzberg und Neukölln gezogen. Der Verein Democ berichtet von antisemitischen Parolen und hat Videomaterial ins Netz gestellt. Nun ermittelt die Polizei.
Auf einer Palästinenser-Demo sollen am Samstag in Kreuzberg und Neukölln antisemitische Parolen gerufen worden sein
Der Polizei liegen mehrere Anzeigen vor
Berlins Innensenatorin Spranger und der israelische Botschafter Prosor verurteilen die Demonstration scharf
Die Berliner Polizei ermittelt nach einer Palästinenser-Demonstration wegen des Verdachts der Volksverhetzung.
Wie eine Polizeisprecherin dem rbb am Montag sagte, liegen entsprechende Strafanzeigen vor. Bis zu 500 Teilnehmende seien am Samstag vom Rathaus Neukölln zum Kottbusser Tor gezogen. Die Polizei war demnach mit 250 Einsatzkräften vor Ort, darunter auch Dolmetscher.
Wie die Polizeisprecherin weiter sagte, ist unmittelbar nach dem Einsatz Videomaterial ausgewertet worden. Die Ergebnisse lägen aber noch nicht vor. Die Demonstration wurde unter dem Titel "Solidarität mit Palästina" von einer Einzelperson angemeldet.
Die Berliner Innensenatorin Iris Spranger (SPD) teilte bei Twitter mit: "Ich verurteile jegliche Art von antisemitischen Drohungen und Äußerungen. Hass hat in unserer Gesellschaft nichts zu suchen. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen. Erstes Beweismaterial wurde bereits ausgewertet."
Israelischer Botschafter: "Jede mögliche rote Linie überschritten"
Nach Angaben der Beobachtungsstelle "Democ" wurden bei der Demonstration israelfeindliche und antisemitische Parolen gerufen. Dazu wurde Videomaterial veröffentlicht, auf dem die Demonstration zu sehen sein soll. Laut Democ skandierten die Teilnehmer unter anderem: "Tod den Juden".
Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, sieht durch die Demonstranten "jede mögliche rote Linie" überschritten. Auf Twitter schrieb er, die Teilnehmer hätten die Freiheiten in Deutschland missbraucht, um "zur Vernichtung Israels und der Juden" aufzurufen.
"Samidoun"-Gruppe im Fokus
Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, erklärte am Montag, es sei "völlig unverständlich, wie diese Demonstration in dieser Form stattfinden konnte". Durch die angespannte Lage in den besetzten Gebieten und die bevorstehenden Jahrestage rund um die israelische Staatsgründung sei bis Mai mit weiteren "antisemitischen Hetzveranstaltungen" zu rechnen. Auf Twitter hatte Beck am Montagvormittag angekündigt, ebenfalls Anzeige zu erstatten.
Die Gesellschaft forderte im Zusammenhang mit den Vorwürfen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf, ein Verbot des israelfeindlichen Netzwerks "Samidoun" zu prüfen. Dieses vertritt die Interessen palästinensischer Gefangener und wurde Anfang 2021 von Israel als Terrororganisation eingestuft.
Beck äußerte die Hoffnung, dass die Erkenntnisse der israelischen Regierung, die dort zum Verbot von "Samidoun" geführt hätten, vom Bundesinnenministerium und vom Bundesamt für Verfassungsschutz entsprechend genutzt werden. Durch Fahnen habe die Organisation sichtbar Anteil an der Mobilisierung für die Demonstration gehabt.
"Bild der Schande"
Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Manuel Ostermann, forderte ein konsequentes Handeln. "Die Demo in Berlin ist erneut ein Bild der Schande", schrieb er auf Twitter. Antisemitismus müsse mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft werden.
Die Lage in Israel wie in den Palästinensergebieten ist derzeit äußerst angespannt. Bei einem israelischen Militäreinsatz im Westjordanland ist am Montag nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums ein 15-Jähriger getötet worden. Am Freitagabend wurde bei einem Anschlag in Tel Aviv ein 36-jähriger italienischer Tourist getötet, sieben weitere Touristen wurden verletzt. Wenige Stunden zuvor waren im Westjordanland zwei britisch-israelische Schwestern aus der Siedlung Efrat getötet worden. Als Reaktion auf die Anschläge verschärfte Israel massiv die Sicherheitsvorkehrungen.