Moral schießt keine Tore
Pleiteticker-Kommentar
Von Ralf Schuler
Nein, der Streit um die Regenbogenfahne war natürlich nicht schuld am WM-Debakel der deutschen Nationalmannschaft. Schlechtes Spiel ist schlechtes Spiel, und wer das abliefert, fliegt raus. Zu Recht.
Weniger peinlich wird das alberne Polit-Theater der deutschen Elf und ihrer Verbände trotzdem nicht. Wer als gut bezahlter Miet-Moralist durch die Gegend reist und die ganze Welt mit seinen Botschaften behelligt, wirkt zumindest glaubwürdiger, wenn er sein eigenes Kerngeschäft einigermaßen erfolgreich ausübt. Die Autorität als Werbe- und Bannerträger für was auch immer, will durch Können und Erfolg erworben sein. Von einem erfolglosen Tischler lasse ich mir auch nicht die Welt erklären.
Grundsätzlich gilt: Fußballspieler sollen Fußball spielen und uns und die Welt mit Botschaften jeglicher Art in Frieden lassen. Wer seine Popularität dazu nutzt, durch Werbung für Anti-Schuppen-Shampoo oder Rasierklingen sein „schmales“ Budget aufzubessern, soll das tun. Für Wahlwerbung oder als Politiker-Ersatz haben Sportler kein Mandat und missbrauchen ihre Medienmacht. Ganz gleich, wie gut oder schlecht die Botschaft auch sein mag.
Im Ost-Block ließen sich Sportler als willige und billige Werbefläche für die vermeintliche Überlegenheit des Systems in Dienst nehmen, posierten in Partei- oder Jugendverbands-Outfit mit den Mächtigen, und auch heute wirkt es nicht weniger penetrant, wenn Sportler, Künstler und andere Promis als politische Aktivisten betätigen. Oder um es mal anders zu sagen: Das Volk kann selber denken und braucht keine Meinungsnachhilfe von Panini-Posern, die sich den Mund zu halten, niederknien oder sonst wie den wehrlosen Kicker-Freund in politische Gefolgschaft nehmen wollen.
Im aktuellen Fall hätte sich die Nationalelf viel Häme erspart, wenn sie der gratismutigen Bundesinnenministerin den „heldenhaften“ Kampf mit der Regenbogen-Armbinde überlassen hätte, von der sich der Emir von Katar ganz gewiss so schnell nicht erholen wird. Und die Pleite-Equipe müsste sich zudem nicht die Frage gefallen lassen, warum ihr die sexuelle Identität einer kleinen Minderheit wichtiger ist, als beispielsweise die Lage der Frauen in Katar, die immerhin die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, wegen Unbotmäßigkeit in der Ehe zu drakonischen, mittelalterlichen Strafen verurteilt werden und auch sonst fast keinen Schritt ohne einen Mann tun können. Neuer und Co hätten auch für Presse- und Meinungsfreiheit demonstrieren können oder schlicht für Menschenrechte, Demokratie und Freiheit.
Aber das war bei der Grundwerte-Verlosung offenbar nicht im Topf.
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