EVG kündigt 50-stündigen Warnstreik bei der Bahn an
Der dritte Warnstreik bei der Bahn in diesem Jahr könnte der längste werden: Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) will ab Sonntagabend den Zugverkehr deutschlandweit bestreiken - für 50 Stunden.
Tarifstreit schwelt weiter - 50-stündiger Warnstreik ab Sonntagabend angekündigt
Fern- und Regionalverkehr sollen betroffen sein
Auch alle Odeg-Verbindungen betroffen
EVG bemängelt "zu wenig Bewegung am Verhandlungstisch"
Bahn nennt Warnstreik "irrsinnig und überzogen"
Ein Knackpunkt ist der Mindestlohn
Der Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Bahn (DB) und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) geht in die nächste Runde: Zu einem 50-stündigen Warnstreik hat die EVG ab Sonntagabend aufgerufen. Von Sonntag 22 Uhr bis Dienstagnacht um 24.00 Uhr solle es starke Einschränkungen im Fern-, Regional- und Güterverkehr auf der Schiene geben, teilte die EVG am Donnerstagmorgen mit.
Bei den vergangenen Warnstreiks der EVG war neben Fernzügen und Regionalverbindungen auch die Berliner S-Bahn betroffen. Inwieweit sie dieses Mal lahmgelegt wird, ist noch nicht bekannt. Fest steht aber schon jetzt, dass die BVG und Nahverkehrsbetriebe in Brandenburger Kommunen und Landkreisen erneut nicht betroffen sein werden, weil hier separate Tarifverträge laufen.
Mit dem bundesweiten Warnstreik will die Gewerkschaft den Druck auf die Arbeitgeberseite im laufenden Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn und 50 weiteren Bahnbetrieben erhöhen.
Bahn kündigt Kulanz an - Komplett-Ausfall bei der Odeg
Die Deutsche Bahn geht von massiven Auswirkungen auf den gesamten deutschen Bahnbetrieb aus. "Die DB wird so schnell und umfassend wie möglich informieren. Klar ist bereits jetzt, dass für die betroffenen Fahrgäste umfangreiche Kulanzregelungen vorgesehen sind. Es muss außerdem mit erheblichen Auswirkungen auf den gesamteuropäischen Güterverkehr gerechnet werden. Sechs von zehn europäischen Frachtkorridoren führen über das deutsche Schienennetz", teilte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler am Donnerstag mit.
Auch auf private Verkehrsunternehmen wird der Warnstreik massive Auswirkungen haben. So meldet die Brandenburger Ostdeutsche Eisenbahn GmbH (Odeg), dass von Sonntag (14. Mai) 19 Uhr bis zum Dienstag (16. Mai) 24 Uhr der Zugverkehr auf allen 15 Linien eingestellt werden muss. Grund: Die Odeg nutzt die Infrastruktur der DB, die bestreikt wird.
Letzter Warnstreik im April
"Da sich an den Verhandlungstischen nur wenig bewegt, wird jetzt noch einmal gestreikt", teilte EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay am Donnerstag mit. "Insgesamt streiken wir 50 Stunden und erhöhen damit den Druck deutlich, weil uns die Arbeitgeber keine andere Wahl lassen", hieß es von Verhandlungsführer Kristian Loroch.
Die Bahn übt scharfe Kritik an diesem neuerlichen Warnstreik. "Dieser irrsinnige Streik ist völlig grundlos und restlos überzogen. Denn eine Lösung ist möglich. Statt Kompromisse zu suchen, will die EVG unglaubliche 50 Stunden das Land lahmlegen. Das ist quasi ein Vollstreik ohne Urabstimmung. Millionen Reisende kommen nicht dahin, wo sie hinwollen, zur Schule, zur Arbeit, zu ihren Lieben", teilte Personalvorstand Seiler mit. Zugleich signalisierte er Gesprächsbereitschaft. Man stehe bereit, auch am Wochenende, so Seiler.
Die Tarifverhandlungen im Bahnsektor laufen seit Ende Februar. Es ist der dritte bundesweite Warnstreik, zu dem die EVG seither aufruft. Im März legte sie gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi große Teile des öffentlichen Verkehrs inklusive der meisten Flughäfen für einen Tag lahm. Der zweite Ausstand beschränkte sich im April auf einen Zeitraum von acht Stunden, führte aber ebenfalls zu vielen Ausfällen vor allem im Fernverkehr. Auf den Autobahnen blieben befürchtete zusätzliche Staus jedoch aus.
Daran angelehnt hat der bundeseigene Konzern zunächst einen steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleich in mehreren Stufen von insgesamt 2.850 Euro vorgeschlagen. Darüber hinaus sollen Löhne und Gehälter ab März 2024 stufenweise erhöht werden - um insgesamt zehn Prozent für die unteren und mittleren sowie um acht Prozent für die oberen Lohngruppen. Bei der DB arbeiten 180.000 der 230.000 Beschäftigten, für die die EVG aktuell verhandelt.
Ein Knackpunkt ist der Mindestlohn
Ein entscheidender Knackpunkt bei den Verhandlungen war zuletzt der gesetzliche Mindestlohn: Rund 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten diesen aktuell bei der DB nur über Zulagen. Die EVG kritisiert vor allem, dass die Bahn in den Tarifverhandlungen keinen gesetzlichen Mindestlohn ohne Einschränkungen zusage, auf dem die dann erzielten Verhandlungsergebnisse aufbauen würden. Stattdessen würde die Bahn in den unteren Lohngruppen einen Deckel von 13 Euro ansetzen.
Dazu bemerkte Bahn-Personalvorstand Seiler am Donnerstag, am Dienstag sei die Deutsche Bahn auf die EVG zugegangen und habe die zentrale Forderung der Gewerkschaft zum Mindestlohn erfüllt. "Mitnichten hat die DB, wie die EVG behauptet, hier einen Deckel von 13 Euro vorgeschlagen; allein das vorliegende Angebot beläuft sich auf 13,20 Euro. Aber trotz erneuten Zugeständnissen will die EVG streiken", so Seiler.