Deutschland billigt Sozialreform, baut Atomkraft aus
Der Bundesrat hat Maßnahmen beschlossen, die den von hohen Energiepreisen und hohen Lebenshaltungskosten betroffenen Menschen helfen sollen. Auch der Atomkraftausbau des Landes tritt sofort in Kraft.
Das Oberhaus des deutschen Bundestages, der Bundesrat, hat am Freitag nach heftigen Debatten unter den Gesetzgebern der Verlängerung der Nutzung von drei Kernkraftwerken, der Überarbeitung des Arbeitslosengeldes und anderer wichtiger Gesetze zugestimmt.
Nach Zustimmung des Bundesrates werden die Maßnahmen in Kürze in Kraft treten. Die DW schlüsselt auf, was sich 2023 ändern wird.
Erweiterung der Atomkraft
Der Bundesrat hat dem Ausbau von drei Kernkraftwerken zugestimmt, nachdem der Bundestag Anfang dieses Monats dem Ausbau zugestimmt hatte.
Die Kernkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland bleiben bis April 2023 in Betrieb, um den Winter mit ausreichend Strom zu versorgen. Die Anlagen sollten im Rahmen der deutschen Atomausstiegspläne Ende dieses Jahres geschlossen werden.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat beschlossen, die Laufzeit der Kernkraftwerke zu verlängern, nachdem Deutschland mit einer schweren Energieknappheit konfrontiert war. Als Reaktion auf die Reaktion auf Moskaus Invasion in der Ukraine stellte Russland die Gaslieferungen ein.
Die Verlängerung wurde von Scholz' Mitte-Links-Sozialdemokraten (SPD), den Umweltschützern der Grünen und der marktwirtschaftsfreundlichen Freien Demokraten (FDP) erbittert diskutiert.
Mit der Zustimmung des Oberhauses vom Freitag tritt die AKW-Erweiterung sofort in Kraft.
Arbeitslosenreform
Deutschland steht vor einer umfassenden Sozialreform, nachdem der Bundesrat einen Kompromiss zur Reform der Arbeitslosenunterstützung unterzeichnet hat.
Die Änderungen treten zum 1. Januar 2023 in Kraft und ersetzen das seit 2005 geltende und vielfach kritisierte Arbeitslosengeld „Harz IV“.
Arbeitslose erhalten im Rahmen des neuen Bürgergeldsystems höhere Leistungen und eine bessere berufliche Qualifizierung.
Der ursprüngliche Vorschlag der Scholz-Regierung wurde von konservativen Gesetzgebern im Block der Christdemokraten (CDU/CSU) abgelehnt. Nach dem Kompromiss könnten die Leistungen während einer sechsmonatigen „Vertrauensperiode“ gekürzt werden, wenn ein Arbeitsloser nicht intensiv genug nach Arbeit sucht.
Leistungsbezieher sollen den Plänen zufolge auch verstärkt in Berufsausbildungsprogrammen zur Vorbereitung auf eine Festanstellung unterstützt werden. Die Änderung ist auch ein Versuch, dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken.
„Diese Reform ist ein Meilenstein der Sozialpolitik in Deutschland“, sagte Scholz am Freitag nach der Abstimmung dem Magazin Focus. "Diese Reform stellt Hilfen für ungelernte Menschen, die zur Langzeitarbeitslosenfront gehören, in den Mittelpunkt."
Die Maßnahme muss noch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier unterzeichnet werden, obwohl fast alle vom Bundesrat genehmigten Maßnahmen vom Präsidenten abgesegnet werden.
Steuererleichterungen, höheres Kindergeld
Da die Inflation die Verbraucher hart traf, genehmigte der Gesetzgeber Maßnahmen, um den Schlag abzumildern.
Das Oberhaus verabschiedete Gesetze, die Menschen helfen würden, die Lohnerhöhungen erhalten, die sich an die Inflation anpassen. Die neuen Maßnahmen würden verhindern, dass die Menschen aufgrund von Lohnerhöhungen mehr Steuern zahlen müssen.
Ab Januar 2023 wird auch das Kindergeld erhöht. Familien erhalten nun monatlich 250 Euro für jedes Kind im Haushalt.
Die Änderung ist ein großer Sprung gegenüber dem derzeitigen System, bei dem Eltern monatlich 219 € für ihr erstes und zweites Kind, 225 € monatlich für ein drittes Kind und 250 € für jedes weitere Kind erhielten.
Mehr Unterstützung für Mieter
Das Oberhaus des Parlaments hat auch grünes Licht für ein Gesetz gegeben, das Mietern helfen soll, mit den explodierenden Heizkosten fertig zu werden.
Ab dem 1. Januar müssen Mieter die Heizkosten für Öl und Erdgas nicht mehr tragen – auch Vermieter und Grundstückseigentümer müssen sich beteiligen.
Für Gebäude, die nicht energieeffizient sind und einen hohen Anteil an CO2-Emissionen verursachen, müssen Vermieter mehr zahlen – und nicht die Mieter.
Zudem erhalten mehr Menschen in einkommensschwachen Haushalten Wohngeld vom Staat. Die Ausweitung des Gesetzes bedeutet, dass 1,4 Millionen Haushalte Anspruch auf die Zahlungen haben, im Gegensatz zu den derzeit 600.000 Haushalten, die sich qualifizieren.
https://www.dw.com/en/germany-approves-welfare-reform-extends-nuclear-power/a-63892209